VDBUM-Regionalveranstaltungen

27. Januar 2015

Stützpunkt Dresden – Kampfmittelbeseitigung in Deutschland

Immer wieder wird in den Medien über Funde von Kampfmitteln berichtet. Ist es nur eine gefühlte Zunahme derartiger Meldungen oder steckt mehr dahinter? Dieser und anderer Fragen ging der VDBUM-Stützpunkt Dresden im Januar 2015 nach. Der VDBUM unterstützt die Aktion „Kampfmittelfreies Bauen“ und ist daher an einer Aufklärungsarbeit sehr interessiert. Nur wenigen ist bekannt, das sich in Dresden die einzige Sprengschule Deutschlands befindet. Hervorgegangen aus dem VEB Autobahnbaukombinat der DDR, ist sie heute eine private Ausbildungsstätte für Sprengmeister und Fachleute zur Entschärfung und Beräumung von Kampfmitteln.

Herr Fricke empfingt die Teilnehmer und referierte über 90 min. zum Thema Kampfmittel:

  • Wer ist für die Kampfmittelfreiheit bei Bauvorhaben verantwortlich?
  • Wer erteilt die Bescheinigung der Kampfmittelfreiheit?
  • Was sind Verdachtsflächen?
  • Wer kommt für die Kosten auf?

Die heute gefundenen Kampfmittel stammen zum großen Teil aus den beiden letzten Weltkriegen. Nicht selten werden aber auch Kampfmittel gefunden, die aus den Kriegen von 1875 stammen. Manche Metallteile sind als Kampfmittel oder als Teile davon nicht zu erkennen. Im Bild 1 glaubt man ein verrostetes Scharnier zu sehen, nur dem Fachmann erschließt es sich als Kampfmittel. Oder in Bild 2 – ist nur das rechte Teil mit der gerändelten Kappe zu sehen, glaubt man eine alte Handfettpresse vor sich zu haben. 

Bei Kampfmittelfunden denkt man zunächst an Flächen, auf den Gefechtshandlungen stattfanden und daher mit Kampfmitteln belastet sein können. Aber auch auf den ehemaligen Militärübungsplätzen, in Garnisonen, in Kasernen, auf Flächen von ehemaligen Munitionsfabriken usw. sind Kampfmittel zu vermuten. Daneben stellen Produktionsstätten von Kriegsmaterial, militärisch wichtige Anlagen wie Bahnhöfe, Flugplätze, Verkehrsverbindungswege usw. weitere Fundorte dar.

Was ist das tückische an Kampfmitteln? Es ist die lange Zeit, die sie unentdeckt irgendwo liegen: im Erdreich, in Gebäuden aber auch in Gewässern wie Bächen, Flüssen, Teichen.

Wie Herr Fricke, Geschäftsführer der Dresdner Sprengschule GmbH, ausführte, wurden zum Ende des II. Weltkrieges Waffen und Munition aus Angst einfach in Gewässern entsorgt. Daher ist jeder Dorfteich, jeder Feuerlöschteich jeder Fluss aus seiner Sicht als potentiell mit Kampfmitteln belastet zu betrachten. Diese Aussage ließ einige der Teilnehmer nachdenklich werden.

An Hand von Beispielen wurden den Teilnehmern die Problematik der Entschärfung von Kampfmitteln dargelegt. Neben den plausibel erscheinenden Deformationen oder der Korrosion von Zündeinrichtungen, sind es die ausgeklügelten Sicherungs- und Zündmechanismen die einer Alterung unterliegen (z.B. durch verwendete Kunststoffe). Eine Entschärfung wird mit zunehmender Liegezeit schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Eine Sprengung vor Ort soll natürlich vermieden werden, da es immer gewisse Restrisiken gibt.

Die jüngste Sprengung von Fundmunition am Halleschen Hauptbahnhof sind eindrucksvolle Beweise.

Da Deutschland in weiten Teilen mit kriegerischen Handlungen bedeckt war, sollte es schon im Interesse der Bauherrn sein, das geplante Baufeld auf Kampfmittel zu untersuchen. Darin waren sich die Teilnehmer der VDBUM-Veranstaltung einig. In der anschließenden Diskussion wurden aber auch recht spezielle Probleme angesprochen. Am Beispiel einer Baugrube mit Spundwänden und deren Rückverankerung wurde deutlich, das sich die Kampfmittelfreiheit nicht nur auf das eigentliche Baufeld beschränken sollte, sondern das auch benachbarte Grundstücke einzubeziehen sind. Der Unfall in Berlin, bei dem bei Bohrarbeiten für eine Rückverankerung ein Blindgänger angebohrt wurde, sollte ein deutliches Mahnzeichen sein.

Nach der angeregten Diskussion hatten die Teilnehmer die Möglichkeit das Lehrkabinett zu besichtigen.

Es war erstaunlich, welche Vielfalt an Kampfmitteln existiert. Bei einem gemeinsamen Abendessen konnten sich die Teilnehmer über ihre Eindrücke und eigenen Erfahrungen austauschen - es wurde ein langer Abend.

Wir bedanken uns bei dem Geschäftsführer der Dresdner Sprengschule GmbH, Herrn Fricke, für sehr fachkundige Ausführungen und der VDBUM-Zentrale in Stuhr für die Unterstützung bei der Organisation der Veranstaltung. Unser Urteil: Sehr empfehlenswert.

Text: Peter Hennig

Bilder: Hermann Pappritz